Jud 1:1 1Vermutlich ist auch Judas ein leiblicher Bruder Jesu Christi. Dazu schreibt Mauerhofer (ESNT): „Warum erwähnt Judas aber – wenn er ein leiblicher Bruder des Herrn Jesus ist – diese besondere verwandtschaftliche Beziehung nicht? Jakobus (Verfasser des Jakobusbriefes und ebenso wie Judas leiblicher Bruder des Herrn) erwähnt seine familiäre Beziehung zu Jesus ebenfalls mit keinem Wort. Es kann als heilige Ehrfurcht Jesus gegenüber gedeutet werden. Jedenfalls 'kennen sie Jesus nicht mehr nach dem Fleisch‘ (, 2. Korinther 5,16). Jesus ist ihr Herr, und sie dürfen seine Sklaven sein.“

2NA liest: geliebt

3kletois (Berufene) steht am Ende des Satzes. Die Leser des Briefes werden somit betont als Berufene angesprochen (vergleiche 2. Petrus 1,10 Jud 1:3 4epagonizomai [#NT] | mit aller Entschlossenheit auf ein bestimmtes Ziel hin kämpfen od. ringen. WET: „beseeching you to contend with intensity and determination for the Faith ...“. Diese Aussage ist ein Hinweis auf die Notwendigkeit einer christl. Apologetik (Verteidigung des Glaubens), eine Disziplin, die in den ersten Jhdt. des Christentums und auch später noch, eifrig betrieben wurde. Gemeint ist aber nicht in erster Linie ein Argumentieren gegen andere Religionen, sondern vielmehr eine Abgrenzung und Erklärung gegenüber Irrlehren und falschen Betonungen von innen, da diese eine echte Gefahr für die Unversehrtheit des Glaubens bedeuten. Die Kunst der Apologetik ist heute in der Kirche leider kaum mehr zu finden, wird nur von Fachleuten oder besonders Interessierten beherzigt oder sie fristet in pervertierter Form ein Nischendasein im Internet. Es sollte aber auch heutigen Christen klar sein, dass die Aufforderung, den „ein für alle Mal den Heiligen überlieferten Glauben“ gegen Irrtümer und Fehlbetonungen zu verteidigen nach wie vor gilt. Im Kontext ist von solchen die Rede, welche die Gnade Gottes in Ausschweifung verkehren (V. 4). Diese Thematik war in der Kirchengeschichte immer wieder aktuell. Wie im 1. Jahrhundert die Nikolaiten eine pseudochristliche Lehre der „Gesetzlosigkeit“ vertraten und auslebten (vergleiche Offb 2,6.14.15 u. Fußnote), so gab es im Christentum immer wieder Strömungen, die den Glauben an Jesus von der Verpflichtung eines moral. integren Lebens zu trennen versuchten. Jud 1:4 5theos (Gott) — f. NA

6Vermutlich geht es auch im Judas um Frühformen der Gnosis (vergleiche Fußnote 1. Johannes 1,1.6.8 u. Kolosser 2,8). Die Formulierung scheint auf diese Irrlehren gemünzt zu sein: Sie waren vordergründig christlich, manche Richtungen propagierten einen ausschweifenden Lebensstil und sie verleugneten durch ihre wirren Erklärungen für die Erschaffung des Menschen und der Materie den einen wahren (Schöpfer-)Gott.

Jud 1:5 7NA liest: eidotas hapax panta, „(obwohl) ihr ein für alle Mal alles wisst“; eine Formulierung, die nicht zum Kontext passt. Die einfache Aussage von Judas (gemäß TR) lautet, dass seine Leser das, was er sagen will, zwar schon wissen, nämlich dass der Herr das Volk Israel „ein für alle Mal“ (hapax) aus Ägypten befreit hat, es aber durchaus noch einmal unter diesem Aspekt hören sollten. Das Wort hapax bezieht sich eher auf die Befreiung Israels, die ja wirklich ein für alle Mal geschah (Israel war nie wieder in ägyptischer Gefangenschaft), als auf ein Alles-Wissen der Leser.

8Gemeint sind die, die nicht glaubten, dass das verheißene Land mit Gottes Hilfe eingenommen werden konnte, und die darum in der Wüste starben ( 4. Mose 14,22–24; 1. Korinther 10,1-5; Hebräer 3,16–18). Die Formulierung das zweite Mal besagt, dass es bereits ein erstes Mal gegeben hatte; gemeint ist die Einsetzung der Blutbestreichung der Schwellen und Türpfosten ( 2. Mose 12,7), die von den Israeliten ausgeführt werden sollte, damit der Verderber der Erstgeburt an ihren Häusern vorbeigehen würde ( 2. Mose 12,12-13). Jud 1:6 9oiketerion | die Behausung, die Wohnung; der Körper als Behausung für den inneren Menschen. Das Wort erscheint nur in 2. Korinther 5,2 und hier. Wahrscheinlich bezeichnet das Wort auch hier einen „Leib“, den die gefallenen Engel verlassen hatten. Gemeint sind vermutl. die Engelwesen („Söhne Gottes“), die zu den Töchtern der Menschen eingingen (siehe 1. Mose 6,1-4). Jud 1:7 10ekporneuo [#NT] | eine betonte Form des Verbs porneuo (huren): in ungewöhnlicher, abscheulicher oder abartiger Weise Hurerei treiben. Judas betont, dass es sich um eine besonders üble Art von Hurerei gehandelt haben muss.

11sarkos heteras | das Adj. heteros bedeutet „anders“; nach heutigem Sprachgebrauch würde das Wort also eher auf sexuelle Sünden mit dem anderen Geschlecht hinweisen, aus der biblischen Erzählung ( 1. Mose 19,5) wird jedoch klar, dass die Bewohner Sodoms danach trachteten, mit den „Männern“ (eigtlich Engel) zu verkehren, die bei Lot zu Gast waren; heteros ist vermutlich im Sinne von „anders als normal“ zu verstehen (vergleiche KUNT) Jud 1:10 12Judas stellt zuerst fest, dass die falschen Lehrer all das lästerten, was sie nicht verstanden (eido). Das Wort weist darauf hin, dass sie von Dingen redeten, die sie nicht kannten und die sie deshalb auch nicht verstehen konnten, was sie aber nicht davon abhielt, in unangemessener Weise darüber zu reden. Dann aber spricht er von Dingen, die sie auf natürl. Weise (phusikos), durch ihre Sinne wie Tiere kennengelernt hatten und mit denen sie daher bekannt und vertraut waren (epistamai). Gemeint sind wohl die fleischliche Begierden, derer sie sich ebenfalls rühmten. Jud 1:12 13spilas | bedeutet entweder Fleck bzw. Schmutz od. Schandfleck; dann auch: Klippen bzw. Riffe, die unter der Wasseroberfläche gefährliche Hindernisse für einlaufende Schiffe darstellen. Jud 1:14 14murias | Zehntausende, das Wort steht im Plural (muriasin) und bedeutet daher Aberzehntausende oder auch eine unzählbare Menge, gemeint sind vermutlich Engel, die den Herrn bei seiner Rückkehr begleiten werden. Jud 1:15 15In diesem Vers erscheint 4-mal der Wortstamm asebes | frevelhaft, gottlos; ohne Ehrfurcht od. Achtung vor Gott; Gott (ver)fluchend, ungöttlich, frevlerisch; subst.: der Frevler, der Gottlose. Jud 1:18 16poreuomai | eigentlich reisen, seine Reise fortsetzen, unterwegs sein; hier bildhaft: sein Leben führen (vergleiche Fußnote 1. Petrus 4,3; 2. Petrus 3,3).

17kata tas eauton epithumias poreuomenoi ton asebeion | die Ursprungsbezeichnung „der Gottlosigkeit“ (so wörtl.) ist nachgestellt. Es ist als ob Judas nochmals betont, dass diese Leute durch und durch von ihrer Gottlosigkeit angetrieben werden (vergleiche Fußnote. V. 15). Jud 1:19 18 | seelisch, d.h. nur auf das dieseitig-irdische und nicht auf das jenseitige und geistl. Leben ausgerichtet; seelisch als Gegensatz zu geistlich (vergleiche Jakobus 3,15 und Fußnote).

19pneuma me echonte | wörtlich „Geist nicht habend“. Pneuma (Geist) erscheint im Gt. ohne Artikel, es ist also nicht unbedingt vom Heiligen Geist die Rede. Judas könnte auch solche meinen, die nicht in der Lage sind, auf ihren wiedergeborenen Geist zu hören und daher in diesem Sinne „geistlos“ handeln. Jud 1:20 20epoikodomeo | aufbauen, darauf aufbauen (vergleiche 1. Korinther 14,4 und Fußnote unten)

21en pneumati hagio proseuchomenoi | wörtlich „im heiligen Geist betend“ (Part. Präsens). Die Formulierung „im Geist beten“ ist höchst wahrscheinlich ein Synonym für das Beten in neuen Zungen (vergleiche 1. Korinther 14,2.4.15-16); auch die Aussage, dass diese Art des Gebets den Betenden auferbaut, korrespondiert mit 1. Korinther 14,2) Es gibt keinen Grund, anzunehmen, das Zungenreden sei in den frühchristl. Gemeinden nur eine geduldete Randerscheinung gewesen (wie manche lehren) und hätte bereits gegen Ende des 1. Jhdt. nach Christus ganz aufgehört. Immerhin stellt Paulus fest, dass er mehr in Zungen betete als alle anderen und dankte Gott dafür ( 1. Korinther 14,8)! Die Vertreter des sogenannten „Cessationismus“ (der Lehre, dass Geistesgaben und übernatürliche Wirkungen zu einem frühen Zeitpunkt aufgehört hätten) unterliegen einem schweren Irrtum, wenn sie annehmen, dass die geistl. Zuteilungen, Wunder und Heilungen nur für einen bestimmten Abschnitt im Heilsplan Gottes gedacht waren. Es gibt keinen einzigen Hinweis in der Bibel, der eine solche Annahme im Geringsten rechtfertigt und auch die Kirchengeschichte zeugt vom Gegenteil. Ich empfehle zu dieser wichtigen Frage das Buch 2000 Years Of Charismatic Christianity von Eddie L. Hyatt (Lake Mary FL, 2002) zur Lektüre. Jud 1:23 22Der dritte Teil des Satzes beschreibt die Art von Vorsicht und Respekt (phobos, eigentlich „Furcht“), mit denen die Gläubigen vorgehen sollten, wenn sie jemaden „aus dem Feuer (der Sünde) reißen“ – sie sollen dabei sogar das vom Fleisch befleckte Kleid verabscheuen, d.h.: keinem Detail der Sünde oder der Versuchung irgendwelches Verständnis entgegenbringen (wie es heute leider in der Seelsorge unter psychologischen Vorzeichen nicht selten praktiziert wird). NA liest: „der anderen aber erbarmt euch mit Furcht“ (RELB); das Verb erbarmen (eleeo) — f. TR. Jud 1:25 23weisen — f. NA

24NA fügt ein „durch Jesus Christus, unseren Herrn“

25NA fügt ein „vor aller Zeit und“

26eis pantas tous aionas | die von Judas verwendete Formulierung legt eine wörtliche Übersetzung mit „bis in alle Zeitalter“ nahe.